Zwischen Druck und Entspannung

Warum erreichen wir manchmal Höchstleistungen unter Druck, während wir uns in anderen Situationen vom Stress überwältigt fühlen? Das Yerkes-Dodson-Gesetz, ein psychologisches Modell, erklärt diesen Zusammenhang. Es beschreibt, wie die Leistung von der Erregung oder Anspannung abhängt und zeigt, warum das richtige Maß entscheidend ist.


Das Yerkes-Dodson-Gesetz im Überblick

Das Yerkes-Dodson-Gesetz wurde 1908 von den Psychologen Robert Yerkes und John Dodson formuliert. Es zeigt, dass:

  • Geringe Erregung (z. B. Langeweile) zu niedriger Leistung führt.
  • Moderate Erregung die höchste Leistung ermöglicht.
  • Hohe Erregung (z. B. extremer Stress) die Leistung wieder sinken lässt.

Das Gesetz wird oft als umgekehrte U-Kurve dargestellt. Der optimale Punkt liegt in der Mitte – hier ist die Erregung hoch genug, um uns zu motivieren, aber nicht so intensiv, dass sie uns überfordert.


Wie funktioniert das Yerkes-Dodson-Gesetz in der Praxis?

Das Gesetz lässt sich in vielen Bereichen beobachten: Arbeit, Sport, Studium oder sogar in Alltagssituationen.

Ein konkretes Beispiel: Anna und ihre Präsentation

Anna arbeitet in einem Start-up und hat die Aufgabe, eine wichtige Präsentation vor einem neuen Kunden zu halten.

  1. Niedrige Erregung – Anna ist zu entspannt
    Angenommen, Anna nimmt die Präsentation nicht ernst. Sie glaubt, dass alles „schon irgendwie klappt“ und bereitet sich kaum vor. Am Tag der Präsentation fühlt sie sich zwar entspannt, aber ihr Vortrag ist unstrukturiert, und sie kann die Fragen des Kunden nicht beantworten. Ihre Leistung bleibt unter ihren Möglichkeiten.
  2. Moderate Erregung – Anna ist fokussiert und motiviert
    Dieses Mal nimmt Anna die Aufgabe ernst, aber sie bleibt gelassen. Sie übt ihren Vortrag, recherchiert zusätzliche Informationen und simuliert mögliche Fragen des Kunden. Am Tag der Präsentation spürt sie eine leichte Anspannung, die ihre Konzentration erhöht. Sie liefert eine überzeugende Leistung ab.
  3. Hohe Erregung – Anna ist überfordert
    Jetzt gerät Anna unter extremen Druck. Sie macht sich Sorgen, dass der Kunde abspringen könnte, wenn sie einen Fehler macht. Sie schläft schlecht, überdenkt jede Folie mehrfach und vergisst, ausreichend Pausen einzulegen. Am Tag der Präsentation fühlt sie sich ausgelaugt und angespannt. Trotz ihrer Vorbereitung verhaspelt sie sich und wirkt unsicher.

Was beeinflusst den optimalen Erregungslevel?

Der Punkt, an dem die Leistung am höchsten ist, variiert je nach Person und Aufgabe.

  1. Aufgabenkomplexität
  • Einfache Aufgaben (z. B. ein Routine-Check) erfordern oft ein höheres Erregungsniveau, um motiviert zu bleiben.
  • Komplexe Aufgaben (z. B. Problemlösungen) profitieren von einem niedrigeren Stresslevel, da Konzentration und Präzision wichtiger sind.
  1. Individuelle Unterschiede
  • Stressresistenz: Einige Menschen arbeiten unter höherem Druck besser, während andere früh überfordert sind.
  • Erfahrung: Wer vertraut mit einer Aufgabe ist, kann auch unter höherem Stress noch gut performen.

Wie du das Yerkes-Dodson-Gesetz für dich nutzen kannst

  1. Selbstreflexion: Beobachte, wie du auf Stress reagierst. Wann bist du motiviert, und wann fühlst du dich überfordert?
  2. Aufgaben priorisieren: Passe deinen Erregungslevel an die Komplexität der Aufgabe an. Plane z. B. bei anspruchsvollen Projekten regelmäßige Pausen ein.
  3. Techniken zur Stressregulation:
  • Zu wenig Erregung: Probiere Techniken wie Musik, Bewegung oder kleine Herausforderungen, um deinen Fokus zu steigern.
  • Zu viel Erregung: Reduziere Stress durch Atemübungen, Zeitmanagement oder bewusst eingeplante Ruhephasen.

Fazit

Das Yerkes-Dodson-Gesetz zeigt, dass Leistung ein empfindliches Gleichgewicht erfordert. Ein wenig Stress kann hilfreich sein, um motiviert und fokussiert zu bleiben, aber zu viel Druck führt zu Überforderung und sinkender Produktivität. Indem du deine persönlichen Stressgrenzen kennst und bewusst mit Erregung umgehst, kannst du deine Leistungsfähigkeit optimal nutzen – ganz wie Anna, wenn sie den richtigen Weg wählt.