Warum Kennzahlen allein nicht ausreichen!
Im Bereich der Zielsetzung und der Messung von Fortschritt haben Kennzahlen eine zentrale Rolle übernommen. Ob in Unternehmen, im Bildungswesen oder in der persönlichen Zielverwirklichung – wir verlassen uns zunehmend auf Messgrößen, um zu steuern, zu bewerten und zu optimieren. Doch was passiert, wenn diese Kennzahlen das einzige sind, was zählt? Goodharts Gesetz bietet eine eindrucksvolle Antwort. Es besagt, dass „wenn ein Maß zu einem Ziel wird, es aufhört, ein gutes Maß zu sein.“ Aber was bedeutet das konkret und wie wirkt sich dieses Gesetz auf unsere Entscheidungsprozesse aus? Dieser Artikel erklärt das Konzept und zeigt auf, warum es wichtig ist, beim Setzen von Zielen den richtigen Kontext zu bewahren.
Was ist Goodharts Gesetz?
Goodharts Gesetz wurde von dem britischen Ökonomen Charles Goodhart formuliert und beschreibt ein häufiges Problem, das auftritt, wenn ein Maß oder eine Kennzahl zu einem direkten Ziel wird. Es besagt, dass Kennzahlen nur dann hilfreich sind, wenn sie als Indikatoren für das zugrunde liegende Ziel genutzt werden, nicht jedoch als das Ziel selbst. Sobald eine Kennzahl jedoch das alleinige Ziel wird, verliert sie ihre Fähigkeit, das eigentliche Ziel zuverlässig abzubilden. Statt die gewünschte Veränderung oder das gewünschte Ergebnis zu fördern, kann sie unerwünschte Effekte hervorrufen.
Ein einfaches Beispiel: Wenn ein Unternehmen die Anzahl der bearbeiteten Kundenanfragen als einzige Kennzahl für den Erfolg von Supportmitarbeitern verwendet, könnte es passieren, dass Mitarbeiter sich auf Quantität statt Qualität konzentrieren. Sie könnten versuchen, die Anfragen so schnell wie möglich zu bearbeiten, ohne dabei auf die Zufriedenheit der Kunden oder auf die Tiefe der Lösungen einzugehen. Die Kennzahl (Anzahl der Anfragen) hat in diesem Fall nicht mehr die Bedeutung, die sie ursprünglich hatte, und führt möglicherweise zu einem schlechteren Gesamtergebnis.
Warum ist Goodharts Gesetz so wichtig?
Goodharts Gesetz macht uns auf eine wichtige Schwachstelle in der Art und Weise aufmerksam, wie wir Ziele setzen und messen. Kennzahlen können leicht manipuliert oder missbraucht werden, wenn sie nicht die wahren Intentionen hinter einem Ziel widerspiegeln. Statt zur Verbesserung beizutragen, können sie dazu führen, dass sich der Fokus auf falsche Prioritäten verschiebt.
Beispiel: Schulnoten als einziges Maß für den Bildungserfolg
Im Bildungssystem wird oft die Leistung von Schülern anhand von Noten gemessen. Wenn jedoch die Noten das einzige Maß für den Erfolg sind, könnte dies dazu führen, dass Lehrer und Schüler sich darauf konzentrieren, lediglich die Prüfungsanforderungen zu erfüllen, anstatt wirklich das Verständnis für ein Thema zu fördern. Schüler lernen vielleicht nur auswendig, um Prüfungen zu bestehen, anstatt wirklich zu verstehen, was sie lernen. In diesem Fall wird die Kennzahl (Note) zum Ziel und verliert die Bedeutung als echtes Maß für Wissen und Verständnis.
Was passiert, wenn Kennzahlen die alleinige Grundlage für Entscheidungen sind?
Wenn wir uns zu stark auf eine bestimmte Kennzahl oder Messgröße konzentrieren, ohne den dahinterliegenden Kontext zu verstehen, können verschiedene Probleme auftreten:
- Manipulation von Kennzahlen: Menschen werden kreativ, um die Zahlen zu „optimieren“, auch wenn dies nicht den eigentlichen Zielen dient. Sie könnten Verhaltensweisen entwickeln, die das gewünschte Ergebnis erzielen, aber nicht den langfristigen Erfolg sichern.
- Kurzfristiges Denken: Eine starke Konzentration auf eine einzelne Kennzahl kann zu kurzfristigen Entscheidungen führen, die langfristig nicht nachhaltig sind. Anstatt dauerhafte Verbesserungen zu fördern, kann der Fokus auf Zahlen dazu führen, dass die Qualität geopfert wird.
- Vernachlässigung anderer wichtiger Faktoren: Wenn wir uns zu sehr auf eine einzelne Kennzahl konzentrieren, können andere, ebenso wichtige Faktoren übersehen werden. Die Situation wird einseitig und die ganzheitliche Perspektive verloren.
Wie kann man Goodharts Gesetz umgehen?
Um die negativen Effekte von Goodharts Gesetz zu vermeiden, ist es wichtig, beim Setzen und Bewerten von Zielen eine ganzheitliche Perspektive zu bewahren. Hier einige Ansätze:
1. Mehrere Kennzahlen nutzen
Anstatt sich nur auf eine einzelne Kennzahl zu stützen, sollten verschiedene Maße berücksichtigt werden. So lässt sich sicherstellen, dass ein Ziel nicht nur aus einer Perspektive gemessen wird, sondern verschiedene Aspekte des Erfolgs beachtet werden.
Beispiel: Gesundheit
Wenn das Ziel „Gesundheit“ ist, könnte es zu einfach sein, nur das Gewicht als Kennzahl zu verwenden. Stattdessen sollten auch andere Aspekte wie Körperfettanteil, Ausdauer, Kraft, Blutdruck und allgemeines Wohlbefinden berücksichtigt werden. Durch die Nutzung mehrerer Kennzahlen entsteht ein vollständigeres Bild des Fortschritts.
2. Fokus auf das zugrunde liegende Ziel
Die Kennzahlen sollten immer im Kontext des zugrunde liegenden Ziels betrachtet werden. Was will man wirklich erreichen? Wenn der Erfolg nur auf der Anzahl der bearbeiteten Kundenanfragen basiert, sollten Manager sicherstellen, dass der Kundenservice und die Kundenzufriedenheit ebenfalls gemessen werden.
Beispiel: Unternehmenswachstum
Wenn das Ziel „Unternehmenswachstum“ lautet, dann sollten nicht nur finanzielle Kennzahlen wie Umsatz oder Gewinn beachtet werden, sondern auch andere Aspekte wie Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterbindung und Innovationskraft. So bleibt das Ziel klar und holistisch, ohne dass Kennzahlen die eigentlichen Absichten überlagern.
3. Langfristige Perspektive einnehmen
Goodharts Gesetz zeigt, dass es nicht immer um kurzfristige Erfolge geht, sondern um langfristige Ergebnisse. Kennzahlen sollten daher nicht isoliert betrachtet werden, sondern im Zusammenhang mit dem großen Ganzen. Dies fördert ein nachhaltiges Wachstum und verhindert, dass die falschen Prioritäten gesetzt werden.
Fazit
Goodharts Gesetz erinnert uns daran, dass Kennzahlen nicht das Ziel selbst sind, sondern nur Werkzeuge, die uns helfen sollen, die richtigen Ergebnisse zu erzielen. Wenn diese Kennzahlen zu Zielen werden, können sie die Qualität und den tatsächlichen Erfolg verzerren. Der wahre Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die richtigen Messgrößen zu wählen, den Kontext nicht aus den Augen zu verlieren und immer das zugrunde liegende Ziel im Fokus zu behalten. Nur so können wir sicherstellen, dass unsere Maßnahmen langfristig erfolgreich und nachhaltig sind.